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Amuleten-Komtoir. Welches auch ganz billig zu seyn scheint. Und dieses zumal, wenn
der Adept Rudolph Goklenius fiir den Riß der verzweifelt bösen Sache aller jener
stehet, die bey der heutigen vernünftigen Welt, mit allen ihren Amuleten und
Talismannen den Kürzern ziehen. Rudolph Goklenius verschreibt nämlich zu einem
Amulet über alle Amulete nachstehndes Rezept:

1. Eine vom Wurm durchbohrte Haselnuß, aus deren Hölung Kern, Unrath, und alles
Vebrige vermittelst einer silbernen Nadel aufs sorgfältigste herausgeschaffen worden
sey. Dann

2. Einen Spiegel von einer Pfauenfeder, ie schöner, und glänzender, desto beßer; welcher
in die Haselnuß zur Ofnung hineingeschoben werden muß. Dann ferner

3. Sovieles Queksilber als die hohle Haselnußschahle zu faßen vermag. Und endlich

4. Jungfernwachs, die Ofnung zu verkleiben; und ein rothes neidliches Zeuch, um
daraus ein Amulet zu verfertigen, als welches in seiner Art, in aller Beziehung das
Einzige sey.[’®®]

Und wenn es dasjenige in der That ist, wozu sich Goklenius anheischig macht; so ist
uns sein Beystand auch in Ansehung des unmittelbar folgenden Titels sehr intereßant.

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Beschreien oder Beruffen der Menschen oder des Viehes.

Beschreyen, Beruffen, soll sich auf ein verderbliches Verwundern böser Menschen über
dem Anblick irgend eines Schönen oder Vollkommnen gründen, wodurch das
bewunderte Objekt, Mensch, Vieh, oder auch leblose Vegetabilien, als Blumen, Pflanzen,
Orangerinen, ins Abnehmen gerathen und elend werden. Der Pöbel leitet nach seiner
Art die Wirklichkeit des Beschreiens aus Erfahrung her, wowider kein Zweifel, noch
Widerlegung seines Vorurtheils Plaz finden könne. Es giebt, behauptet derselbe, bey
einigen Menschen gewiße giftige Ausflüße aus ihren Augen, die auch wider Intention
des Beschreiers, auf Basiliskenart zuweilen tödtlich werden kan. Und nach seiner
Theorie giebt es nicht nur

x) Verschiedene Kennzeichen der geschenen Beschreyung; sondern man trägt sich auch
2) Mit herrlichen Verwahrungsmitteln wider das Beruffen; wie nicht weniger

3) Mit probatseynsollenden Arzneien, wenn das Uebel bereits vorhanden ist.

x) Zu den Kennzeichen des Beschreiens rechnet man:

1. Ein plötzlich entstandnes Kopfwehe, wenn sich z. B. Braut und Bräutigam an ihrem
Ehrentag mit schönen Kleidern sehr niedlich heraus geputzet; oder kleine Kinder zum
Verwundern schön angelegt waren.

2. Schwergewordne Augenlieder, und eine unerklärbare Niedergeschlagenheit des
Gemüthes, wie auch

3. Unwiderstehliche Schläfrigkeit, mit plözlichem Auffahren aus dem Bette.

58 Johannes Binsfeld - Rudolphus Goclenius: Dissertatio Theologica de Superstitione. Treviris,1615.

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