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LÁSZLÓ TARNÓI: SCHNITTPUNKTE. STUDIEN ZUR GERMANISTIK UND HUNGAROLOGIE sogar Kriege veranlasste. Dass Siegerbeschlüsse mit der Tendenz von Teilung und Entmachtung der Donaulánder im 20. Jahrhundert noch viel schlimmere Folgen haben dürften, ahnten die Kossuth-Interpreten bereits in den ersten zwei Nachkriegsjahren.” Auf jener Seite, wo die Entscheidungen getroffen waren, gab es aber keine Interessen und keinerlei Aufnahmebereitschaft für ihre Zukunftsvorstellungen. Freilich konnten auch Graggers Botschaften mit seinen neuinterpretierten Kossuth-Thesen die Adressaten seiner entschiedenen Kritik nie erreichen. So ist aus Graggers Berliner Kossuth-Broschiire auch fiir die seither vergangenen hundert Jahre kaum etwas mehr erhalten geblieben als eine bibliographische Angabe unter 138 anderen in der Bibliographia Graggeriana.” (Wer weif, ob und in welcher Bibliothek das kleine Heft heute noch überhaupt vorliegt?) Kurz vor der Ankunft der Delegation aus Ungarn in Paris und ein halbes Jahr vor der Unterschrift des Friedensdiktats im Schloss Trianon sah Professor Gragger noch optimistisch der Zukunft entgegen, indem er seine KossuthInterpretation mit den folgenden Worten abrundete: Heute ist der Plan der Donaukonföderation keine Utopie mehr. Er bietet nach wie vor die einzig mögliche politische Form, die Frage der Donauländer zu lösen, das Wohl der Donauvölker und die Ruhe Europas in dieser Gefahrzone zu sichern. Er dient in vollem Maße den großen und fruchtbaren Ideen der Nationalität, der Menschlichkeit und des einst kommenden Weltbundes. Deshalb soll der Plan veröffentlicht werden. Er ist jetzt aktuell, während er vor sechzig Jahren viel zu verfrüht war." DIE ÖFFENTLICHEN VORLESUNGEN Der Berliner Aufgabenstellung entsprechend hielt Gragger gleichzeitig eine Reihe von öffentlichen Vorlesungen, so z. B. über die Bedeutung der Kulturwerte Ungarns für Deutschland,” in der er u. a. Ungarns Positionen innerhalb der europäischen Kultur zu bestimmen versuchte, weiterhin über die ungarischen Volkslieder, über die ungarischen Volksballaden und über die Balladendichtung von János Arany sowie über die moderne ungarische Dichtung, in 7 u Als Bajcsy-Zsilinszky seinen Konföderationsvorschlag in Worte fasste, belegten bereits historische Ereignisse, dass die Ahnungen seiner Vorgánger von der Wirklichkeit überboten waren — damals vorerst noch außerhalb Ungarns! Bibliographia Graggeriana, S. 27. Gragger, Die Donau-Konföderation, S. 7. Gragger, Robert: Kulturwerte Ungarns für Deutschland, Vortrag, gehalten im Literarischen Verein zu Dresden, am 20. Marz 1917, 29 S. = Maschinenschrift (Gragger Archiv). Erschienen in BBH, 1990, Bd. 5, S. 219-242. 7 a 75 7 a + 200 +