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KOSMISCHE METAPHERN IN DER DEUTSCHEN BAROCKLYRIK Ausdruck der kritischen Distanz von der erlebten Welt, was der allgemeinen poetischen Tendenz der Zeit entsprach: Friedrich von Logau: Viel Welten® Wo ieder Stern ist eine Welt, o welch ein Hauffen Welten! Weil eine nicht gar viel ist werth, was werden viele gelten? Zur Veranschaulichung der kosmischen Metaphern der verlorenen Zuversicht in der deutschen Barocklyrik bietet Georg Philipp Harsdörffer ein besonders interessantes Beispiel: Der verglichene Teil innerhalb seines Gleichnisses bzw. seiner Metapher istauch dieses Mal die Welt („die Welt-Gestalt“), aber der vergleichende Teil ist sozusagen doppelbödig: Er involviert ein Bild aus der Mathematik (die Ziffer: „O oder Zero“) und gleichzeitig eines aus der damals modernen Kosmologie (das Bild vom kosmischen Kreisen der Planeten um die Sonne). Zweifelsohne verzeichnen die „Linienführungen“ beider „Bilder“ an sich kopernikanische bzw. keplersche Vorstellungen. Da aber die „O“ unter den Zahlen nicht nur bildlich etwas darstellt, sondern auch über verschiedene Funktionen in der Mathematik verfügt, so unter anderem die Null, das Nichts, aber neben anderen Zahlen auch höhere Werte, so öffnen die Verse des Nürnberger Dichters eine ganze Reihe verschiedener Assoziationsmöglichkeiten zur Relativierung eines im Grunde genommen äußerst negativen Weltbildes. Andererseits, wo die Planeten ihre Kreise („Ringe“) ziehen, entsteht innerhalb des jeweiligen „Ringes“ ebenfalls das Nichts“, die absolute „Leere“ der „Welt gestalt“ im unermesslichen Raum, wobei einem schließlich die ad absurdum geführte Idee von der Nichtigkeit („der vollen Eitelkeit“) des Lebens in dieser Welt vorschwebt, wie etwa im berühmten Fleming-Vers „Nichts ist alles, du sein Schein“: Georg Philipp Harsdörffer: Ein 0 oder Zero in den Zahlen” Ich bin bald viel bald nichts / bald wenig in den Zahlen / Nach dem der Meister mich an einem Ort will mahlen: Ein Ring ist zwar gering / wie dieser Welt gestalt / Die voller Eitelkeit hat einen leeren Halt. 68 Friedrich von Logau: Sämtliche Sinngedichte. Hg. v. Gustav Eitner. Hildesheim / New York: Georg Olms Verlag, 1974, S. 340. % Schlussvers in Flemings Sonett „Bey einer Leichen“. Zitiert auch im Abschnitt mit dem Titel „Versuch einer motivtypologischen Gliederung der Ho(e)ck’schen Poesie“ des Kapitels „Poesie trostloser Verzweiflung: Theobald Ho(e)ck von der Bosheit der Welt“ in diesem Band. 7 Harsdôrffer, Georg Philipp: Ein 0 oder Zero in den Zahlen. In: Nathan und Jotham, Bd. I. Tl. 56. Siehe auch: Deutsche Literatur. Sammlung literarischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Entwicklungsreihen. Reihe Barock. Barocklyrik Bd. 2. Hg. v. Herbert Cysarz. Leipzig: Reclam, 1937, S. 140. (Hervorhebung L. T.)