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KOSMISCHE METAPHERN IN DER DEUTSCHEN BAROCKLYRIK der Universität zu Straßburg, übersetzte und veröffentlichte im Jahre 1635 Galileis Hauptwerk, die Dialoge über die Weltsysteme.* Um die Mitte des 17. Jahrhunderts verglich der Nürnberger Georg Philipp Harsdörffer in einer besonders aufschlussreichen Studie unter dem Titel Ob sich die Erden bewege / und der Himmel still stehe? „sine ira et studio“ die Beweisführungen für das heliozentrische „Systema“ des Kopernikus (unterstützt auch durch 'Ihesen von Galilei und Kepler) mit den damals noch kursierenden Argumenten für das geozentrische „Systema“, wie dieses seinerzeit der Mathematiker und Astronom Christoph Clau (Clavius) vertreten hatte. Schließlich erläuterte Harsdörffer jenes höchst merkwürdige System, das im Sinne eines wissenschaftstheoretischen Kompromisses noch aus der Zeit vor Kepler vom Dänen Tycho Brache entwickelt wurde und dem kurz vor seinem Tode schließlich auch Clavius zustimmte, wonach sich zwar Sonne und Mond geozentrisch um die Erde bewegten, aber gleichzeitig sämtliche Planeten (außer der Erde) heliozentrisch um die Sonne kreisten. Die verschiedenen Argumente wurden dabei von Harsdörffer mit deutlich übersichtlichen Skizzen veranschaulicht.’ Welchen großen Wert dieses Mitglied der Fruchtbringenden Gesellschaft? auf die öffentliche Verbreitung kosmologischer Kenntnisse setzte, beweist, dass er diese seine wissenschaftliche Abhandlung unter dem gleichen Titel in einer stilistisch vereinfachten, stark (insgesamt nur auf sechs Punkte) gekürzten? und sprachlich leicht zugänglichen Form sogar im achten Teil seiner populärwissenschaftlichen Frauenzimmer Gesprächspiele veröffentlichte.!? a Schäfer, Walter Ernst: Strassburg und die Tannengesellschaft. In: Daphnis. Zeitschrift für Mittlere Deutsche Literatur. Bd. 5, H. 2-4, Amsterdam: 1976, S. 542. Delitiae mathematicae et physicae. Der Mathematischen und Philosophischen Erquickstunden Zweyter Theil. Zusammengetragen durch Georg Philipp Harsdörffern. Nürnberg, 1651, S. 283-289. Georg Philipp Harsdörffer wurde im Jahre 1642 mit dem Namen „Der Verspielende“ als 368. Mitglied in die Fruchtbringende Gesellschaft aufgenommen. In: Neumark, Georg: Der neusprossende teutsche Palmbaum. Die umfangreichste und wichtigste Darstellung der FruchtN œ bringenden Gesellschaft, mit genauen Verzeichnissen aller 806 Mitglieder und ihrer Schriften. München: Kôsel-Verlag, 1970, S. 274. Der originale Text wurde dabei insgesamt bis auf etwa 10 Prozent gekiirzt. 10 Harsdérffer, Georg Philipp: Frauenzimmer Gesprachspiele. VIII. Teil. VI. [Aufsatz]. Hg. v. Irmgard Böttcher. Tübingen: Max Niemeyer, 1969, S. 504-508. Den populärwissenschaftlichen Charakter dieser Ausgabe veranschaulichen auch die Aufsätze vor und nach der astronomischen Abhandlung unter den Titeln „Warum das Meer ab- und zulauffe?“ Ebd., S. 500 ff. sowie „Warum der weise Pythagoras Bohnen zu essen verboten?“ Ebd., S. 508 ff. o e 31 e