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4. LUSTIGE BERICHTE EINES TÖLPELS AUS DEM ALTEN PEST-OFEN IN BRIEFEN und Söhne des deutschsprachigen bürgerlichen Mittelstandes. Dank ihrer um 1800 bereits laufend fortschreitenden sprachlichen und kulturellen Bildung konnten sie Texten wie den Rachschiml-Briefen umso mehr Interesse entgegenbringen, je größer sich für sie der Unterschied zwischen der sprachlich-stilistischen Vortrags- und Schreibweise des Pseudo-Autors und ihrem gewiss bereits kultivierteren Sprachniveau erwies. So erlebte man mit Freude die eigene, doch schon etwas höhere sprachliche Bildung. Diese merkwürdige Textsorte des alten deutschsprachigen Pest-Ofen verdient aber möglicherweise nicht ausschließlich unter kultur- und literaturhistorischen Aspekten unsere Aufmerksamkeit. Beider Lektüredieser Briefe ist ja trotz aller orthographischen Verrenkungen und Inkonsequenzen des gedruckten Textes mit recht expressiver Lautstärke auch ein seltsames Deutsch aus der Zeit um 1800 zu uns herüberzuhören. Dieses Deutsch durfte in der beinahe ausnahmslos deutschsprachigen urbanen Kultur des Königreichs um 1800 nicht unbekannt gewesen sein. Man beachte aber dabei, dass das deutschsprachige literarische Leben“ in den Städten von Ungarn gerade um diese Jahre, nach einer kaum zwei Jahrzehnte langen Entwicklung, seine erste und auch unvergleichbar bedeutendste Blüte erlebte,“ als bereits sämtliche direkt oder indirekt sprachfördernde Institutionen?” in Ofen und Pest wie im ganzen deutschen Sprachraum die kulturelle Integration der Sprache mit riesigen Schritten vorantrieben.“* Aus dieser Zeit und aus diesem Umfeld wurde darum kaum noch ein ähnliches Korpus auf nahezu hundert Druckseiten mit lebendigem, einst gesprochenem, zeitlich, regional und soziologisch determiniertem Deutsch wie in diesen singulären Briefen hinterlassen. 15 Unterliterarischem Leben verstehe ich das lebendige Zusammenwirken und die gegenseitige Beeinflussung von Autoren und Lesern, von literarischem Angebot und literarischer Nachfrage bei einer stets erhöhten Bedeutung der Literaturkritik und -theorie und deren Entwicklung in Zeiten der zunehmenden Urbanisierung der Kultur. Vgl. dazu Kap. II. Auch in Deutschland entstand das literarische Leben erst nach den dreißiger Jahren des 18. Jahrhunderts, und seine erste Blüte erfolgte erst nach der Jahrhundertmitte, Österreich verspätete sich nahezu wie das deutschsprachige Ungarn. In den Kirchen, Schulen, verschiedenen Theatern, Lesezirkeln sowie Verlagshäusern, Buchläden mit ihren literarischen Periodika, Büchern, Almanachen etc. Die deutschsprachigen Schriftsteller der Hauptstadt des Königreichs um 1800, wie Johann Ludwig Schedius, Christoph Rösler, Johann Karl Lübeck, Franz von Boros, Johann Paul Köffinger, Carl Anton von Gruber, Vinzenz von Batthyäny, Karl Herdt, Martin Schwartner und Norbert Purkhart strebten in ihren Gedichten, Dramen und verschiedenen epischen und beschreibenden Prosatexten mit den repräsentativen deutschen Autoren jener Zeit wetteifernd die anspruchsvolle hochdeutsche Norm der zeitgenössischen Belletristik und wissenschaftlichen Literatur an und waren konsequent bemüht das Dialektale und die mündlichen Umgangsformen des Alltags so weit wie nur möglich zu vermeiden. 46 47 48 + 225 +