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4. LUSTIGE BERICHTE EINES TÖLPELS AUS DEM ALTEN PEST-OFEN IN BRIEFEN Dieser Eindruck der mangelnden Bildung wurde in den Rachschiml-Briefen durch das wiederholt falsch verwendete Latein in besonders hohem Maße verstärkt. Die Qualität der manchmal bis zum Unverständnis verdrehten Entstellungen bewegte sich dabei auf einer äußerst breiten Skala. Dies sollte aus den bereits im unlängst erschienenen Band“? veröffentlichten Briefen Nr. 3 bis 5 sowie Nr. 12 die folgende Auswahl veranschaulichen: im Brief Nr. 3: wo sie an Joahrstog zelibrirt hoben für zelebriert Do woar an recht [...] repetabler Bürger für respektabler dem hoben an poar Komplamant [...] mochen wollen für Komplimente durch des Gsichter Mohlerey kinnt er sich praefectionirn für perfektionieren im Brief Nr. 4: Ich hob hitzunder Zeit zum recignoscirn für rekognoszieren do wird olles Lateinisch hexplizirt für expliziert im Brief Nr. 5: sie hot mih glaich in die Conpulsion versetzt für Konfusion hob an woal mit ihm tischkurirt für diskutiert im Brief Nr. 12: so hab i mir an Mortigraphie Büchel kaft für Orthographie mit der größten Prosupope gar grausli schön deutsch plaprn für Proposita* Das laufend falsch verwendete Wort Dikasterien verdient in diesem Zusammenhang wegen seiner außerordentlich hohen Frequenz sowie wegen seiner vorzüglichen Bedeutung in Rachschimls Leben besondere Aufmerksamkeit. Mit dem lateinischen Wort Dikasterium (aus dem altgriechischen Dikasterion), Plural: Dikasterien — ursprünglich in der Bedeutung „hohes Gericht“ — wurden im alten Ofen und Pest die Ämter der städtischen Verwaltung bezeichnet. Der Held der Briefe setzte sich nach dem Scheitern in der Schule vom Brief Nr. 4 bis 21 das einzige Ziel, bei den obengenannten und begehrten Dikasterien untergebracht zu werden und ebenda sein berufliches Leben auch finden zu können. Bis zum Erfolg verwendete er dieses für ihn #3 Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 3, S. 341-349. * Mehrzahl von Propositum = ‚Äußerung‘, ‚Rede‘; ‚Vorsatz‘, ‚Vorhaben‘, ‚Absicht‘ + 223 +