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3. MODETRENDS IN DER BELLETRISTISCHEN PROSALITERATUR DER UNGARNDEUTSCHEN Fanny" und Der edle Soldat" des von den Zeitgenossen im In- und Ausland weit und breit gerühmten Pädagogen, Jacob Glatz.'” In diesen und ähnlichen Erzählungen fiel das selbst in unterhaltsamen Trivialtexten unentbehrliche delectare'® schließlich den aufdringlich artikulierten spätaufklärerischen Erziehungsmanövern ganz und gar zum Opfer. Nicht anders ist dies auch in den Erzähltexten des in der Lyrik und der Dramatik gewiss zur ungarndeutschen Spitze gehörenden Carl Anton von Gruber, von dessen erstem epischem (ursprünglich als Drama geplantem) Experiment, der Försterfamilie bis zum letzten, der genau dreißig Jahre später in Preßburg veröffentlichten Biedermeier-Novelle Margit.‘ Freilich stößt man auch dieses Mal — wie schon immer beim Lesen von Gruberwerken - auf manche Zusammenhänge mit Ungarn, auch wenn davon im Falle der 1803 erschienenen Försterfamilie selbst der Verfasser keine Ahnung haben konnte. Ihre Geschichte wurde nämlich später (wenigstens in ihren Grundzügen) jedem geschulten ungarischen Leser bekannt: Danach verkleidete sich der regierende Fürst des Landes zu einem einfachen Jäger, um Leben und Gesinnung seines Volkes zu prüfen; er begegnete dabei im Walde in einem Forsthaus einer Familie (die freilich sämtlichen Vorstellungen sittlicher und natürlicher Harmonieideale entsprach), deren jüngste Tochter in Liebe entflammte, als aber sich die Wahrheit herausstellte, in die allertiefste Verzweiflung geriet. Ob es reiner Zufall sei, dass all dies so genau mit der Handlung des wunderbaren Vörösmartygedichts Szép Ilonka" von 1833 übereinstimmt, glaube ich nicht, auch wenn Grubers traurige Erzählung 10 Glatz, Jacob: Molly und Fanny oder Empfindsamkeit und Empfindeley. In: G., J.: Iduna, ein moralisches Unterhaltungsbuch für die weibliche Jugend. 2 Bände. Frankfurth am Main: Bei Friedr. Wilmans, 1803, 269; 263 S. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 3, S. 472-476. 1! Glatz, Jacob: Der edle Soldat. In: G., J.: Moralische Gemälde für die gebildete Jugend. 2 Hefte. Leipzig: Voß und Compagnie, 1803, 128; 144 S. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 3, S. 477-489. Zur Zeit der Verôffentlichung der beiden Erzählungen hielt er sich als Lehrer im Erziehungsinstitut in Schnepfenthal auf. 13 Ueding, Gert: Das Kitsch-Schöne. In: U., G.: Aufklärung über Rhetorik. Versuche über Beredsamkeit, ihre Theorie und praktische Bewährung. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1992, S. 100-102. Gruber, Carl Anton von: Margit. Eine magyarische Erzählung aus unsern Zeiten. Als Neujahrsgeschenk. Preßburg: Gedruckt bei Carl cc. Snischek, 1833, 81 S. Siehe auch Ludwigne Szepessy, S. 104-106. Deutsch erschien es das erste Mal u.d. T. „Schön Ilonka“ in der Übersetzung von Adolf Dux im Jahre 1857. Bis 1941 wurde dieses ungarische Gedicht insgesamt sechsmal übersetzt. Vgl. in Vörösmarty, Mihály összes művei. II. Kisebb költemények. [Sämtliche Werke v. M. V. Bd. 2. Kleinere Gedichte]. Hg. v. Horväth, Käroly u. Töth, Dezsö. Budapest: Akadémiai Kiadó, 1960, S. 455. Unter dem gleichen Titel erschien die anspruchsvolle deutsche Nachdichtung von Günther Deicke in Ungarische Dichtung aus fünf Jahrhunderten. Budapest / Berlin / Weimar: Corvina Verlag u. Aufbau-Verlag, 1970, S. 54-58. Die vielen Übereinstimmungen sogar in den Details der Handlung bzw. in der Darstellung der Charaktere beweisen eindeutig enge Beziehungen zwischen der deutschen Grubernovelle von 1803 und dem ungarischen Vörösmartygedicht von 1833. Auf solche gab es allerdings in + 207 +