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6. DRAMEN MIT UNGARISCHEN BEZIEHUNGEN Für die der bessere Geschmack das Ziel gesteckt, Euch zu vergnügen; bald durch süße Thranen Der Rührung und Bewundrung Euren Geist Zu stärken und zu laben, in den feierlichen Scenen Der Seelengröße, denen sich der Thor nur gern entreifit!5* 6. DRAMEN MIT UNGARISCHEN BEZIEHUNGEN Grundsätzlich abweichend von dem Theaterangebot Deutschlands und Österreichs waren in den deutschen Theatern des ungarischen Königreichs die vielen dramatischen Vorstellungen mit ungarischer 'Ihematik und sonstigen lokalen Beziehungen, denen das einheimische Städtebürgertum jeweils ein auffallendes Interesse entgegenbrachte. Dies war zugleich ein ausdrucksvolles Zeichen für das (bis um die Zeit der sogenannten Reformlandtage des Königreichs” bzw. der literarischen Debatten um L. Pyrker und K. G. Rumy°‘) allgemeine patriotische Engagement der deutschsprachigen Bevölkerung des Königreichs für Ungarn.’ Ungarische Beziehungen - welcher Art auch immer - versprachen deshalb schon an sich Erfolgschancen in den Iheatern des Königreichs, so u. a. dramatische Werke mit ungarischem Lokalkolorit wie z. B. Die Korsen in Ungarn und Belas Flucht von Kotzebue und die Unterhaltungsstücke wie Das Zauberschloß in Ungarn und Die Nixe der Quelle bei Trentschin von den ungarndeutschen Autoren Johann Hirschfeld und Joseph Meister. Man spielte dabei in Preßburg und Pest-Ofen mit besonderer Vorliebe auch unter dramaturgischen und historischen Aspekten in höchstem Maße relevante dramatische Werke mit ausschlaggebenden Ereignissen aus der Geschichte Ungarns. Solche waren z. B. die beiden auch dramenhistorisch wirksamsten deutschen Dramen des Königreichs aus jener Zeit, Die Hunyadische Familie oder Auch Unschuld schützt nicht immer von Kabale des ungarndeutschen Simon Peter Weber” und Stephann der erste König von Ungarn vom tschechiendeutschen Franz Xavier Girzick. Beide waren auch in Buchform schnell vergriffen, das Stephandrama von Girzick sogar Müller, Mar(ia) An(na): Blumenkranz am Neuen Jahre um die Schläfe der Erlauchten und verehrten Schauspiel Gönner gewunden von M. A.M., Logenmeisterinn des kön. städtischen Theaters in Ofen. 1795, S. 7. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 210 ff. 55 1825-1827 und 1832-1836 In den angehenden dreifsiger Jahren, siehe dazu Kap. VI/3. Diese nationale Verbundenheit mit Ungarn war freilich fiir Schauspieler und Theaterpublikum gleicher Weise charakteristisch. Weber, Simon Peter: Die Hunyadische Familie oder auch Unschuld schiitzt nicht immer vor Kabale. Eine wahre Geschichte, welche im Jahre 1457, den 16. Marz in Ofen zugetragen. In: Gestalt eines Trauerspiels von fünf Aufzügen. Preßburg: gedruckt und verlegt vom Verfasser, 1792. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 2, S. 19-114. «173 +