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VII. DEUTSCHSPRACHIGE SCHAUSPIELKUNST UND DRAMATIK IM ALTEN PEST-OFEN Zusammenhang durfte dieser Satz so wahr gewesen sein, wie im Falle der deutschungarischen Schauspieler im 18. und 19. Jahrhundert. Von den vielen unter ihnen, deren hohen künstlerischen Rang zeitgenössische Manuskripte und Drucke dokumentieren,” seien dieses Mal die folgenden genannt: Franz Stöger war z. B. ein besonders begabter und nachhaltig höchst wirksamer Komiker der Pest-Ofener k. k. Schauspielhäuser, um 1800 vor allem des sogenannten Kreutzer-Iheaters an der Donaupromenade. Der Tragiker Karl Herdt war im alten Pest-Ofen nicht nur durch seine jeweils beeindruckenden schauspielerischen Leistungen, sondern am Anfang seiner Laufbahn, noch kurz vor 1800 auch als gerne gelesener Novellist bekannt.” Besonders angesehen war gleichzeitig der tschechiendeutsche Opernsänger, Schauspieler, Regisseur und Dramatiker Franz Xavier Girzick (ursprünglich Jirik), erfolgreich bereits in den angehenden achtziger Jahren in Wien und Preßburg als Mitglied der Schauspieltruppe von Kumpf, von dem er sich um 1790 trennte und für sein ganzes weiteres Leben eines der bedeutendsten und vielseitigsten Mitglieder des Pest-Ofener Theaters wurde.*° Genannt werden soll noch die Balletttänzerin und Pantomime Johanna Schmallögger, im ausgehenden 18. Jahrhundert außer Pest und Ofen u. a. auch in Preßburg und Temeschwar bewundert, sowie die im Gesang und dramatischer Rezitation gleicher Weise hervorragende Frau Lina Mink (geborene Karoline Schweitzer) und Philipp Zöllner, die beiden 'Iheaterstars der zwanziger und dreißiger Jahre des 19. Jahrhunderts in Ofen. Kaum jemand weißheute außerdem auch von den Beziehungen des seinerzeit europaweit berühmt gewordenen Ferenc Akäts zum Pester Deutschen Theater. Unbekannt ist er hierzulande auch unter seinem Künstlernamen Franz Grüner, mit dem er seit seiner „Schauspielerschulzeit“ bei Goethe in Weimar in den Rollen des schwarzen Ritters in der Jungfrau von Orleans und des Hermann Geßler in der Uraufführung des Wilhelm Tell bei gemeinsamen Regieanweisungen von Schiller und Goethe seine außerordentliche Karriere Einige solcher Augenzeugenberichte von unterschiedlicher Qualität wurden z. B. von Karl Maria Kertbeny unter dem Titel „Zur Theatergeschichte von Budapest“ bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert veröffentlicht. In: Ungarische Revue. Leipzig / Berlin / Wien: 1881, Bd. 1; vgl. dazu auch Tarnöi, Läszlö: Theatervorstellungen im deutschsprachigen Ofen und Pest um 1800. In: Im Zeichen der ungeteilten Philologie. Budapester Beiträge zur Germanistik, Bd. 24, 1993, S. 369-378. 2 Die Erzähltexte aus den Jahren 1796-1797 wurden im Kap. IX/3 besprochen und in den Deutschsprachigen Texten, Bd. 3, S. 405-471. veröffentlicht. Über Girziks exzellente künstlerische Leistungen im alten Pest-Ofen siehe die detaillierten Forschungsergebnisse von Richard Prazak: Das Wirken von Frantisek Xaver Jirik am deutschen Theater in Ofen und Pest in den Jahren 1789-1813. In: Berliner Beiträge zur Hungarologie. Bd. 12, Hg. v. Kulcsär-Szabö, Ernö, Tarnöi, Läszlö u. Tverdota, Gyorgy. Berlin / Budapest: 2001, S. 59-99. « 166 +