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VI. INHALTSTYPOLOGISCHE VERANDERUNGEN IN DER DEUTSCHSPRACHIGEN DICHTUNG... (also ein Jahr nach dem Erscheinen des berüchtigten Vörösmarty-Epigramms) ein Gedicht unter dem Titel Hungaromanie.” Das Gedicht, eigentlich ein Dialog eines konsequent intoleranten Magyaren und eines rational aufgeklärt argumentierenden Ungarndeutschen, lässt typische Spannungen nachempfinden, wie sie von den mittdreißiger Jahren von deutschsprachigen Dichtern des Königreichs immer wieder erlebt werden mussten. Es hebt mit der auch später kaum variierten grundsätzlich ablehnenden ungarischen Stellungnahme an: Manche Stirn’ seh ich gerunzelt bei der Harfe lautem Klang, Hör’ aus manchem Munde schallen: „Fort mit weichem deutschem Sang! Will der Eingeborne Ungarns Land und Volk und Sitten preisen Oder tadeln, - thu’ er’s in den heimathlichen, kräft’gen Weisen. Lang genug hat den Magyaren schon gedrückt die bittre Schmach, Dass sein Mund und seine Feder stets in fremden Tönen sprach. Nie kann unser Volk gedeihen, eh’ es sich nicht losgerungen Aus der alten langjährigen, bösen Mischung fremder Zungen.“ So kompromissbereit wohlwollend auch die deutschen Argumente nach sinnvoller Versöhnung suchen mögen (z. B. in der 3. und 4. Strophe),“ können sie nach der Regie des lyrischen Dialogs durch den deutschen Dichter an dem Standpunkt der Ungarn nichts ändern, die daran u. a. mit folgender rhetorischer Frage festhalten: Darf der Ungar nicht verlangen, dass der Fremde, der so gerne Sich auf seinem Boden sättigt, dessen Sprache auch erlerne? Auch die Berufung aufdiegemeinsamen nationalen Bürgerrechtevon Deutschen und Ungarn überzeugt nach Steinacker die Ungarn nicht.” Indem schließlich von ungarischer Seite sämtliche Argumente abgelehnt werden, scheint dem "7 Steinacker, Gusztäv: Hungaromanie. In: Harfentöne aus dem Ungarlande. In einzelnen Klängen v. G. Treumund. Leipzig: Verlag von Wilhelm Einhorn, 1835, S. 7 ff. Zu beachten ist auch, dass Karl Georg Rumy bereits während der Pyrker-Debatte in einem deutschsprachigen Aufsatz unter dem Titel Patriotische Rüge in Der Spiegel, Jg. 1831, H. 33 wiederholt den Ausdruck Magyaromanie verwendete. 18 Siehe z. B. die 3. u. die 4. Strophe: „Bruder, laß die Hand dir reichen, Friede zwischen mir und dir! / Laß uns nicht um Laute rechten, nur der Geist entscheide hier. / Ungarn hat auch mich geboren, seine Brust auch mich gesäugt, / Glaubst du nicht, dass für die Mutter meine Liebe deiner gleicht? / Und wenn Liebe uns verbunden, darf der Haß sich feindlich nah’n? / Kann nicht auch verschiedne Zungen ein geweihtes Band umfah’n? / Steht dir eine Sprach’ im Lande näher als das Vaterland, / Wer, wie du, für dieses glühet, ist er dir nicht eng verwandt?“ ® Siehe dazu die 8. Strophe! + 150 «+