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7. TEXTBEZIEHUNGEN EINES UNGARISCHEN GEDICHTES... Jeder, der den Ungar prüfte, fand, dass er aller Grade der Perfectibilität fähig sey [...] Es bleibt immer noch wahr, was der Abt Regino von Prüm, von den alten Ungarn sagte: „Sie sind ihrer Natur nach immer bereit mehr zu thun, als zu reden.“ Auch war davon, dass die Ungarn nicht nach Verdienst bisher bemerkt wurden, eine Mitursache die, weil sie selten in ihrer Muttersprache schrieben, und so ist es kein Wunder, wenn man sie nach den Sprachen zu andern Nationen eintheilt und übersieht. Gewiss aber würde ich im Stande seyn Köpfe aufzuweisen, die kühn um die Palme streiten dürften [...]? 7. TEXTBEZIEHUNGEN EINES UNGARISCHEN GEDICHTES ZUM POETISCHEN RAHMEN DER ELEGIE Der Iyrische Charakter des Gedichtes ist einesteils dem persönlichen, patriotisch engagierten Vortrag der historischen Ereignisse Ungarns zu verdanken. Die elegische Stimmung wurde allerdings in besonderem Maße durch seine einleitenden und ausklingenden Verse vertieft. Auf diesen eigenartigen Rahmen des Gedichtes weist bereits der Untertitel hin. Er kann freilich auch als die Überschrift der beiden Teile des poetischen Rahmens gelesen werden: In den Ruinen eines alten Bergschlosses geschrieben Die einleitenden Distichen lassen den „wehmütigen“ Dichter in einer vom Mondschein beleuchteten verfallenden Burgruine sehen, als in der „schweigenden“ „Stille“ der Nacht plötzlich eine „stumme“ „Gestalt“ erscheint und die Bilder der Vergangenheit vorführt. Sie lauten folgendermaßen: Einsam, im Mondlicht, auf Trümmer der Vorzeit gelagert, Weih’ ich dir wehmutherfüllt, Vaterland diesen Gesang. — Schweigend gleitet dein Licht schon über die bläulichen Spiegel Jenes ruhigen See’s, seelenerheiternder Mond, Und erhellt dort ein Kreutz, ein Dorf und schweigende Thäler, Hier ein Herz. Ha! es schlägt! Ahndung durchbebet mich ganz. Stumm hält eine Gestalt mir vor der Vergangenheit Spiegel, Und mit enthüllender Hand, zieht sie den Schleyer davon.°® Diesen Worten folgt die ausführliche Vorstellung der Bilder aus der ungarischen Geschichte auf rund zwanzig Seiten des Originaldrucks. Aber auch diese historischen Szenen lassen hin und wieder die Beziehungen zum einleitenden 35 Ebd., Fußnote Nr. 15 des Dichters, S. 23 f. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 145. 36 Ebd., S. 3. In: Deutschsprachige Texte aus Ungarn, Bd. 1, S. 137. + 109 +