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II. DEUTSCHSPRACHIGES LITERARISCHES LEBEN IN OFEN UND PEST UM 1800 dafür, dass das In- und Ausland (in Ofen und Pest, sowie in Weimar und Jena) ihre hervorragenden Leistungen zur Kenntnis nahmen.’! Ja sie leisteten noch mehr, indem ihre geistige Elite mit ihren vielseitigen wissenschaftlichen, kritischen und poetischen Publikationen im literarischen Leben der Hauptstadt im ganzen Lande und dank der Sprache auch weit über die Landesgrenzen hinaus die aktuellsten Interessen aller Ungarn vertrat. Ihr weit aufgefächertes poetisches Angebot an Büchern, Zeitschriften, Einzeldrucken und TIheateraufführungen folgte vor und nach 1800 tatsächlich zu einem erheblichen Teil den Modetrends, wie diese in der zeitgenössischen Kultur etwa in Leipzig und in Dresden den städtebürgerlichen Lesererwartungen gemäß gängig waren: Diese reichten von der spätsentimentalen Mondscheinund „Jülchen“-Literatur bis zur spätaufklärerischen Reproduktion aller möglichen Tendenzen rational lehrreicher und/oder unterhaltsam witziger Poesie. Aber das deutschsprachige literarische Leben im alten Pest-Ofen vor und nach 1800 bot auch mehr als dies: Mit einer ganzen Reihe von poetisch anspruchsvollen Dramen, Hymnen, Elegien, Oden und Liedern gedachten ihre Autoren der historischen Glanzzeiten des Landes mit dem landnehmenden Fürsten Ärpäd und vor allem mit den Königen Stephan und Matthias und verbanden diese historischen Erinnerungsbilder ihrer aufgeklärten Bildung gemäß mit dem Glauben an den unaufhaltsamen Aufstieg des Vielvölkerkönigreichs. Im deutschsprachigen Ofen und Pest schienen um 1800 auch Ideen vom „Fortschritt und Vaterland“ einheimischen Leserinteressen entsprochen zu haben. Somit leistete dieses deutschsprachige literarische Leben auch das, was sich in der Hauptstadt des Landes in jenen Jahren in ungarischer Sprache nicht durchsetzen konnte und auch keinen vergleichbaren Absatz hätte finden können, und was meiner Überzeugung nach in der ungarischen Kulturgeschichte ohne geistesgeschichtliche Unterbrechung ganz unmittelbar Thematik, Aussage und Formensprache des so genannten ungarischen Reformzeitalters vorbereitete. 51 Siehe dazu Kap. XI.