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6. NATIONALES ENGAGEMENT FÜR UNGARN — DEUTSCH UND UNGARISCH Stolz auf seine zipserdeutsche, für Ungarn engagierte, Identität distanzierte sich Glatz von den übrigen Deutschen (die Österreicher einbegriffen) mit den folgenden entschiedenen Worten: „Die teutschen Collonisten in Ungarn hatten nie den geringsten Antheil daran. Ihre Aufführung war immer musterhaft.“** Dank den weitgehenden Übereinstimmungen der ungarischen und ungarndeutschen Intellektuellen in ihrer nationalen Verbundenheit mit dem Königreich Ungarn entstanden freilich vielfältige thematische, gehaltstypologische, ja sogar direkte genetische Beziehungen und Verflechtungen in den Werken der deutschen und ungarischen Literatur des Landes. Bei meinen komparatistischen Recherchen erlebte ich u. a. auch folgende unerwartete Überraschung: Die ungarnspezifischen Ideen, Ansichten, Themenvariationen, Stimmungen, Ausdrucksweisen, Metaphern, jasogar manche Versund Strophenformen deutschungarischer belletristischer und theoretischer Texte gingen den bekannten magyarischen Entsprechungen chronologisch meistens voraus — nicht selten sogar um mehrere Jahrzehnte. An dieser Stelle sei hier nur an Kölcseys zweitbekannteste Gedicht mit dem Titel Huszt von 1825 und 1831 erinnert, dessen deutsche Textvariante ich vor kurzem in den einleitenden und abschließenden Versen eines in Pest gedruckten deutschen Gedichtes aus dem Jahre 1807 [!] identifizierte.°° Schon aus solchen Griinden hat es wohl nicht viel Sinn, deutsche Texte dieser Art mit terminologischen Distinktionen wie etwa deutsche Nationalitätenliteratur, ungarndeutsche Minderheitenliteratur, oder gar Hungarus-Literatur des Königreichs von den Haupttendenzen der einheimischen ungarischen Kultur und Literatur des Landes trennen oder daraus sogar ausklammern zu wollen. Den literarischen Standort der Texte nach nationaler Herkunft oder ständischer Abstammung der Autoren in Ungarn zu bestimmen und auf diese Weise getrennt behandeln zu wollen, wäre nicht weniger sinnlos als etwa eine Literaturgeschichte nach konfessioneller oder gar ständischer Zugehörigkeit zu schreiben. Das pathetische Engagement für das Land, die Begeisterung für dessen nationalhistorische Vergangenheit und die an Kant, Herder, Schiller und anderen Deutschen geschulte aufgeklärte Überzeugung von seinen künftigen Fortschritten verbinden nicht nur die klassizistischen Verse des Zipser deutschen protestantischen Bredetzky und die des in Szeged geborenen und aufgewachsenen ungarndeutschen katholischen Gruber. Gleichzeitig ordnen sich Bredetzkys sapphische Strophen gehaltsund formtypologisch eindeutig neben die wenige Jahre später verfassten magyarischen Oden von Berzsenyi ein. Nicht anders korrespondiert die Aussage „Hier leb ich“ - „hier sterb ich“ des Pannonia-Hymnus von Gruber 34 Ebd. (HervorhebungL.T.) 35 Siehe dazu ausführlich Kap. IV/7. + 29 +