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unmäßiger Sehnsucht zu wirken vermag: dann solte man sich beinahe verwundern, daß es nicht noch zahlreichere, Gesundheit und Leben aussaugende Vampyrs giebt. Inzwischen hat der Pöbelaberglaube, der noch vom Vorurtheil, daß es Vampyrs gebe, nicht ganz geheilet ist, zur Abhilfe auch dieses schrecklichen Unwesens, folgende Maaßregeln genommen: 1. Müße bey iedem Verstorbenen die genauste Vorsichtigkeit gebraucht werden, damit seine Augen recht fest geschloßen würden; widrigenfalls derjenige, welchen der Todte von der Todtenbaare mit geöfneten Augen anstarren würde, von ihm bald nachgeholet werden dürfte. 2. Wenn sich ein Vampyr gelüstete, einem seiner Anverwandten vor den Fenstern mit Namen zu ruffen, so dürfte ihm durchaus nicht geantwortet werden, sondern der Gerufne müßte nur drey Kreuze vor sich schlagen. 3. Würde aber ein Verstorbner verdächtig daß er Jemandes [Seite 77>] Blut sauge; so sey das einzige Rettungsmittel übrig, das Grab aufzuräumen; den Sarg zu öfnen, sodann den Vampyr mit dem Kopfe gegen Morgen, und mit den Füßen gegen Abend gekehrt, auf den Bauch zu legen; und um seinem Blutdurst für immerdar ein Ende zu machen, einen grünen eichenen zugespizten Pfahl durch seinen Rücken, in die Erde zu schlagen, und hernach das Grab neuerdings mit Erde zu füllen. Ruhe sanft, armer Vampyr! Wetterführer Soweit erstreckt sich das Gebiet menschlicher Verwegenheit, daß es Leute geben soll; welche sich erfrechen, dem großen Zevs, der seine Donnerkeile für sich braucht, in sein Handwerk zu pfuschen, und sich in die, nur ihm zukommende Direkzion der Witterungen einzumischen. Kan wol etwas Abergläubischeres, als dieses Vorurtheil des dummen Jahnhagels gedacht werden, als wenn er dafürhält: 1. Es gehe gar wohl an, daß ein sogenanter Wetterführer oder Wetterhexe, einen schrecklichen Hagel, ein fürchterliches Donnerwetter, oder auch einen verderblichen Wolkenbruch hervorbringe. 2. Habe man ja gesehen, wie diese Erzkünstler, zur Erzeugung derley schädlicher Witterungen, weiter nichts brauchteten, als nur einige geheimen Ingredienzen, in einen neuen irrdenen Dreyfuß bis zu einer magischen Mixtur zusammen zu quirlen. Woraus sogleich ein Wölkchen emporsteige, und innerhalb einer halben Stunde, unter dem Himmel eine so entsezliche Maße von Hagelsteinen, Donnerkeilen und Waßerplunzen zusammenziehe, daß allen Zuschauern dabey angst und bange werden müßte. 3. Sey es des Wetterführers oder Hexe ihre Sache, sich an die Fronte des erzeugten, oder wie das Kunstwort eigentlich heißt: geladenen Wetters zu stellen, und das Ungewitter beliebig da und dorthin zu leiten, auf welchem Hattert sie vornehmlich Schaden anzurichten beschloßen hätten. Und so habe 274