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Ich spannte den Hahn, und der Schweitzer mit angezogenen weiß glaßirten Handschuhen manövrirend, erwartete in einer Entfernung von 12 Schritten die ihm zugedachte Salve. Aber plözlich kriegte ich einen Religionsskrupel um nicht eine Todsünde auf mich zu bürden, und Herr D—r mein Landsman, lösete das Gewehr auf den künstlichen Mann, mit einem Kracher, davon der großte Saal, wo wor uns befanden, erbetete. Herzlich freute ich mich zwar des unverlezt gebliebnen Schweizers. Nur ärgerten wir uns alle über ihn, daß so wenig ein Einziger unter uns aufs Festmachen etwas gab; wir doch in der Art und Weise, wie er uns den Betrug spielte, und dahertanzend, uns die Kugel auf den Tisch warf, nicht einig werden konten. Doch, am wahrscheinlichsten war sein Schießpulver ohne ausdehnende Kraft, wodurch zwar ein starkes Getöse verursacht ward; die eingeladne Kugel aber matt vor dem Rohr zur Erde fiel; an deren Stelle der Gaukler bereits mit einer andern, die er bey sich hatte, und nachher auf den Tisch warf, versehen war. — Quaksalberey Nicht übel urtheilte Taubmann pontischen Andenkens: es sey keine in der Welt ausgebreitetere Zunft als diejenige der Aerzte indem sich iedes Haus, iedes dazu gehörige Mitglied, und vornehmlich iedes alte erfahrne Schwesterchen, auf seine besondere spezifischen Hilfsmittel ganz etwas besondre einbilde. Wenn dahero, wie es Erfahrung bestättigt habe, zumal auf Dörfern und Märkten iemand zu erkranken das Schicksal hätte; so sey sein erstes Verderben die Menge der unberufnen unverständigen Aerzte, worunter der Kranke, um alle die angerühmten Hausmittel zu erproben, meistens unter den ersten Experimenten erliegen müßte. Dieses Unglück nennen unsre hochdeutschen Herren Brüder: Quacksalbereyen; und wir: Verpampelung des Patienten! Doch von dieser, zumal unter dem Baurenvolk erzherschenden Quacksalberey und sonstigem aberglaubischen Zeuch, folgt nachhero ein kleiner Pendant. Nur wundern muß ich mich, der ich mich eben noch mit dem Titel Quacksalberey beschäftige, über den alten öfentlichen Duldungsgeist, womit man nicht nur oft die elendesten Marktschreyer ins Leben, Gesundheit und Wohl- oder Uebelbefinden vieler Tausende hineinpfuschen ließ, und über ihren Unfug kaltblütig hinwegsah; sondern daß nicht auch unsern Warasdiner Umträgern, zusamt ihren gedrukten Thrasonismen von manchen Uhniversaltinkturen, Latwergen, Salben und hexenwiderstehenden Johanniswurzeln, ihr schädliches Handwerk der Quacksalberey eher geleget worden ist. Seitdem aber der unverständige Pöbel kein Warasdiner Dispensatorium mehr zu sehen kriegt, noch seine eigne mißkannte Hausapothek zu unterhalten Vorschub findet; so höret er wenigstens von dieser Seite auf, sich oder den Seinigten ein Mörder aus frommen Absichten zu seyn. Und wie wünschenswürdig wäre es, daß man mit ihren alten eingewurzelten Vorurtheilen auch in Heilung ihres geglaubten Fatalismus eben so glücklich wäre! Denn 264