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eingerichtet würde; daß Hochlöblicher Superintendent die Kirchen-visitationen so wie es die Synodal-Artikel erfordern, wenn gleich nicht alle zwey, doch wenigstens alle fünf Jahre anstellte, und nach dem Lebenswandel der Lehrer und Zuhörer forschte; daß selbst die Capitula bey ihren Zusammenkünften das als den Hauptgegenstand ihres Confluxes betrachten müßten, wie der Unterricht des gemeinen Mannes auf iedem Dorfe beschaffen sey, ob der Pfarrer, Prediger, und die Scholaren ihre Pflichten beobachteten; und was dergleichen Mittel mehr sind, wodurch in dem gemeinen Manne der Trieb, zu einer deutlichern Erkäntniß in der Religion zu gelangen, rege gemacht werden kan; solte, sage ich, auf dieses alles Rücksicht genommen werden, so würde sich nach und nach eine gewiße Art der Aufklärung auch bis zu den niedrigsten Hütten verbreiten können, und manches von derley Vorurtheilen von selbst verschwinden. Erste Abtheilung Von den Vorurtheilen selbst nach den verschiednen Gegenständen So weitläuftig diese Abhandlung seyn müßte, wenn man alle besondern Zweige herrschender Vorurtheile und Aberglauben aufsuchen könte, so sehe ich mich doch genöthigt, mich nur auf dieienigen Gattungen einzuschränken, von deren Fortdauer ich selbst in meinem Leben, und in meiner vierzehnjährigen Seelsorge durch facta bin überzeugt worden, um so mehr, da ich in dem mir zugeschickten Befehl die Anmerckung fand, daß diese Ausarbeitung ganz insgeheim und ohne nach dergleichen Thorheiten zu forschen, müßte gemacht werden. Freylich ist meine Erfahrung hierinn so fruchtbar nicht als sie seyn solte. Da ieder Geistliche vermöge seiner Amtspflege wider dergleichen Aberglauben seine Gemeine warnen, und ihr gereinigte Begriffe von der allwaltenden göttlichen Vorsehung beyzubringen, vor seine wichtigste Pflicht ansehen muß, so bemüht sich ieder von denen, die sich mit dergleichen Thorheiten zu behelfen suchen, diese Thorheiten eben so wohl als die dabey gebrauchten Mittel vor seinem Seelsorger zu verbergen. Blos Zufallsweise hat es mir manchmal geglückt, eins und das andere zu erfahren, wovon ich das, was mir noch beygefallen ist, hier nach den vorkommenden Gegenständen abgetheilt, anführen will. I. Bey Kindbetterinnen. Da kommen vor a) Die Wechselbälge, da manche Mutter, wenn ihr Kind etwa mit der Zeit ungestalt oder an einem und dem andern Gliede z[um] E[fxempel] mit einem zu kleinen oder zu großen Kopf aufzuwachsen anfangt, ohne die Ursachen davon aufzusuchen, glaubt, daß solches von dem Affen sey ausgewechselt worden. Diesen Aberglauben lernte ich in meinem eignen Hause kennen. Bey der Geburt meines ersten Kindes war meine Gattin so tödtlich kranck, daß wir eine Amme zu halten genöthigt wurden. Diese war eine Bürgerin in Kronstadt, eine Sächsin. Gleich den ersten Abend beym Schlafengehen verlangte sie ein paar Meßer von mir. Verwundrungsvoll fragte ich, was sie damit zu thun willens sey? Den Affen abzuwehren, war die Antwort, daß er das Kind nicht austausche. 211