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Das Erbe der rémischen Zivilisation hat die Geschichte, die Kultur, die Staatssysteme der Völker des europäischen Kulturraumes mehrere Jahrhunderte lang — sogar bis zur heutigen Zeit — beeinflusst. Zu diesem Erbe zählt man oft unter das römische Straßennetz, das den Untergang des Römischen Reiches in einigen Ländern überstand.'” In manchen Fällen kennen wir die mittelalterliche oder neuzeitliche Wiederverwendung dieser Strafsenstrecken,'”° aber es gilt nicht für das gesamte Straßensystem. Dementsprechend versucht man diese Route auch noch heutzutage von den Daten der antiken Straßenbeschreibungen aufzuzeichnen, weswegen viele Varianten vorstellbar sind. Es ist besonders beachtlich in Territorien, wo sogar die Namen der altertümlichen Siedlungen nicht genau identifiziert werden können. Diese Feststellung gilt auch für Pannonien, wo wir sehr wenige Informationen über das Binnenstraßennetz haben. Im Römischen Reich waren der Strasßenbau und die Straßeninstandsetzung immer zentrale Probleme, die sich immer — wie es auch heute — als grossartiges Propagandawerkzeuge erwiesen. Der Anfang des Straßenbaus reicht bis ins 4. Jh. v. Chr. zurück,” als Rom sich auf der Italienischen Halbinsel verbreitete. Die Wege dienten zugleich Militär-, Handels14 REpő 2003a; REpő 2003b; REpő-KŐFALvI 2004. 55 Laut einer klassischen Andekdote (s. HAGEN 1967; Urocp1 1979) passierten die Folgenden mit einer Truppe und ihrem Kommandant der französischen Fremdenlegion (wahrscheinlich mit dem guten Ruf erworbenen General de Saint-Arnaud), als sie 1850 in Nordafrika durch eine, bisher für ungangbar gehaltene Schlucht der Atlas Gebirge (manche vermuten durch den Kanga-Pass) durchquerten. Ihre Vorfreude darauf, dass sie die ersten in der Geschichte sind, die hier durchgehen, war sofort weg, wenn sie an einer Felswand eine Inschrift der Legio III Augusta entdeckt haben. Die Inschrift sollte die Welt darüber informieren dass die Soldaten der Legion den Weg repariert hatten (nach einer anderen Meinung: gebaut hatten). Die Bau- und Landvermessungstätigkeiten der Legio III Augusta ist aus mehreren Inschriften (z. B. aus der Tiberiuszeit: AE 1905, 177; CIL 08, 10018; 10023; oder die Bauinschrift der via Septimia (Numidia) aus der Zeit des Antoninus Pius: CIL VIII, 2705, oder verschidene, zu Landvermessungsarbeiten gebundene Inschriften: AE 1905, 185-AE 1907, 140). Wir müssen jedoch nicht nur an ihre tatsächliche Erhaltung denken, sondern z. B. auch an die Benennungen der römischen Straßen. Das lateinische Wort „via“ hat nur in der italienische Sprache im Sinne von Straße in einer Siedlung überlebt. Wir können auch in den modernen europäischen Sprachen Bezeichnungen für (lokale oder Fern-) Wege finden, die aus dem lateinischen Wort für „gepflasterter Weg“/,via strata“ stammen: der englische Begriff „street“, die deutsche „Straße“ oder die italienische „strada“. Das in der italienischen Sprache und im venezianischen Dialekt verwendete Wort „calle“ kommt vom lateinischen Wort „callis“, welches es eine enge Straße, einen Pfad oder oder eine Gasse bedeutete. Der Begriff „vicus“ lebt in der intalienischen Sprache als „vico“, bzw. „vicolo“ («enge Gasse oder Straße) weiter (StaccıoLı 2003, 126-127). Z. B.: In den Gebieten der chemaligen Provinzen Italia, Gallia, Hispania, Africa oder sogar Pannonia, wo in verschiedenen Formen weiterlebende Bezeichnungen auf eine römische Straße hindeuten. Von den zahlreichen Beispielen weisen die Folgenden auf die Trasse oder auf die Erbauer hin: in Italien ist eine Brücke auf der Via Aemilia seit dem Mittelalter als „ponte di Nona“ genannt, was auf den Standort eines römischen Meilensteines mit dem Aufschrift „neunte römische Meile“ verweisen kann (Staccıorı 2003, 126.); oder der sogenannte „Weg der Gallier“ in Donnas (Val‘ di Aosta) war im Mittelalter auch benutzt, ebenso der Weg „Devil’s highway“, der die zwischen London und Silchester verlaufende römische Hauptstraße war (Marcary 1975; Davies 2002). Dieser Ausdruck — vom Teufel gefertigte Weg — ist überall in Europa in der Volkssprache aufzufinden: in Pannonia Inferior „Ördögvettetes“ (Visy 2000), in Germanien „Teufelsweg“ (HAGEn 1931). Die meisten Daten über die römischen Straßen stammen aus neuzetlichen Wiederentdeckungen die während zivilen oder meistens militärischen Vermessungsexpeditionen dokumentiert wurden. In Ungarn trifft man solche Beispiele auf den Militär- und Katasterkarten der 18. und 19. Jahrhunderten (z. B. im Fall der sog. Bernsteinstraße). »” Obwohl die Zwölftafelgesetze bereits Vorschriften über die Konzeption der Straßen enthielt, kann der Ausbau der ersten „klassischen“ Fernstraße dem Zensor Appius Claudius Caecus zugerechnet werden. Th. Pekäry (PEkAry 1968, 44-56) stellte die Straßenbautätigkeit der Zensoren im 4. Jh. v. Chr. und dadurch auch die Bauzeit der während der Arbeit von Appius Claudius Caecus als Censor (312 v. Chr.) ausgebauten „via Aemilia“ in Frage. Er behauptete, dass sie erst im Jahr 190 v. Chr. ausgebaut wurde und sie mit Ädil P. Claudius Appianus verknüpft werden kann. Die Forscher einigen sich gegen diese Annahme. (z. B. Saseı 1972; Herzıc 1974; CHEVALIER 1997; LAuRENCE 1999; StaccıoLı 2003). Isidor von Sevilla meinte, dass die Römer die Straßenbautechnik von den Karthagern übernommen hatten (Isidor. XV, 16, 6), die wahrscheinlich gewzungen war, auf den Halbwüstengebieten bessere Straßen zu erbauen (SmitH 1875, 1191-1195). 126 33